Taufrede SY Lili Marleen

Verehrte Gäste, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wenn ich heute hier stehe, wenn ich zurückdenke an meine Jugendzeit in Travemünde, ist es mir, um es mit Heinrich Heine zu sagen, wie mit einem Märchen aus alten Zeiten, das einem nicht aus dem Sinn geht.

Ich denke an die Zeit der ersten Begegnung mit Lilimarleen, dem Lied, das in den dunklen Jahren und danach in aller Welt die Sehnsucht der Menschen nach Frieden ausdrückte.

Hier in Travemünde fuhren damals die Strandfischer mit ihren schweren Kähnen vorbei, saßen zu zweit auf der Dollenbank und zogen die schweren Riemen gemächlich und kraftvoll durchs Travewasser.

Ein wenig flussaufwärts standen die Jungen im Sommer auf den hohen Duckdalben im Strom und forderten sich gegenseitig zu beherzten Mutproben heraus. Wer die Trave, unter Beachtung des Schiffsverkehrs, nicht durchschwimmen konnte, galt sowieso nichts und im Winter trieb nicht selten eine Armada von dicken Eisschollen durch den Hafen, besetzt mit den Mutigsten, aber zugleich wohl Ängstlichsten unter uns, wenn es galt, rechtzeitig das sichere Land zu erreichen.

Von hier aus starteten auch die größten aller Seehelden, die Störtebeckers, Likedeelers, Graf Luckners und Prinz Heinrichs mit 13, 14 Jahren in ihren Nussschalen und einem Freibord von rund 30 cm zu niemals besungenen Odysseen durch die offene See hinaus bis nach Fehmarn.

Hier in Travemünde, meine Damen und Herren, spielt ein gutes Stück Geschichte der „Buddenbrooks“ des Nobelpreisträgers Thomas Mann, der unsere See als Meer seiner Kindheit bezeichnete.

Theodor Fontane rühmte frische Luft des Ortes. Dostojewski formte seine Eindrücke im Casino Travemünde, das schon 1867 Anziehungspunkt war zu seinem Roman “Der Spieler“. Selbst Franz Kafka soll im Sonnenschein von Travemünde für Minuten gelächelt haben und der letzte deutsche Kaiser, ein gefürchteter Regattasegler, war bis 1914 regelmäßig Gast der traditionellen Travemünder Woche, die gerade ihren 100. Geburtstag feierte.

Hier in Travemünde lebten Männer wie mein Onkel Senator Alfred Hagelstein, der seinen Protest gegen das dritte Reich öffentlich hinausschrie, inhaftiert wurde und später, nachdem die Nation einen tiefen Atemzug gemacht hatte, unter anderem als einer der Pioniere unseres Wirtschaftswunders, zum Vordenker und Begründer der Fährverbindung nach Skandinavien wurde.

Die Travemünder, sagt man, hätten auch Sinn fürs Poetische. Ihre Straßennamen z.B. gibt es in Deutschland kein zweites Mal. Sie heißen: Backbord, Steuerbord, Im Beiboot, Mittschiffs, Achterdeck, Fallreep, Logleine, Am Heck .Es ist somit gar nicht verwunderlich, dass mache von Ihnen schon auf Schiffsplanken geboren werden und Seebeine haben.

Ein Segelschiff übt auf uns heutige Menschen immer noch geheimnisvolle Faszination aus. Vielleicht denken wir an Walfischjäger, jene echten Jäger, die mit dem Segelschiff und Ruderboot ihrem Wild folgten und die Waffe, mit der sie den Kampf mit dem mächtigen und schlauen Seeriesen aufnahmen, war eine von menschlichem Arm geschleuderte Harpune. Das war für beide ein lebenslanger Kampf, der uns Kinder aufregte und anrührte und uns mit dem kühnen Jäger identifizierte. Das klingt bis heute nach.

Wir denken an Piraten, Korsare, Seehandel treibende Abenteurer, diese verwegenen Kinder der See und nicht zuletzt an die großen Entdecker der Meere wie Marco Polo, Columbus, Vasco da Gama, Magellan, deren Leben, märchenhaft und abenteuerlich, Generationen immer neu bewegten.

Die seemännischen Leistungen der Segelschiffe, die hohe Kunst der Navigation, die harte Zucht und Auswahl einen bestimmten Menschentyps, das alles verblasst in der Sicherheit des modernen, technisierten Seeverkehrs. Bewahrte die See früher noch ihre menschenformende Kraft, so hat sich jetzt zwischen das Element des Meeres und die menschliche Existenz ein maschineller Apparat eingefügt.

Ringelnatz drückte das so aus:

"Vielleicht ist das Morgen nicht mehr.

Doch Seefahrt, wie vordem war,

War wunderbar.

Roch nach Gewürzen und Teer."

Und es ist überlieferte Erfahrung, dass die majestätische Eintönigkeit des Meeres, auf einem Windjammer erlebt, wunde Herzen und wehe Gedanken tröstet, ungestüme Geister besänftigt und einen ganz anderen, wertvollen Einfluss auf seine Passagiere hat als auf irgendeinem anderen Gefährt.

„Ein Segelschiff“, sagt Josef Conrad, der wohl größte aller Seefahrtsdichter, ,,ist ein Geschöpf, das wir gewissermaßen zu dem Zweck in die Welt gesetzt haben, an ihm unsere Fähigkeit zu beweisen.“   Jetzt werden auch Kapitän und Mannschaft gefordert, ihre Fähigkeiten an dem ersten Großsegler, der - bisher einmalig in der Welt- ganz in der Tradition der Windjammer der Jahrhundertwende konzipiert wurde, ganz besonders zu beweisen. ,, Denn von allen Geschöpfen an Land und auf See“, sagt Josef Conrad, ,, lassen sich nur Segelschiffe nicht vom leeren Schein betrügen, lassen sie allein sich keine minderwertige Kunst von ihren Meistern gefallen.“

Wenn heute, meine Damen und Herren, um uns herum in aller Welt politische Unruhen bestehen und immer noch menschenverachtende Kriege geführt werden, wie hätte man gerade in dieser Zeit hier, heute ein solches Schiff, das als Repräsentantin „Deutscher Kreuzfahrttradition“ auf allen Meeren, in allen Häfen für Frieden und Freiheit steht, einen besseren Namen geben können als Lilimarleen- ein Lied, nach dem man nicht marschieren kann, das nach dunklen Jahren und danach alle Menschen in ihrer Sehnsucht nach Frieden verband, sie aufmunterte und die versteinerten Herzen erweichte.

Es ist zugleich eine Hommage an ihren Schöpfer, Hans Leip, den Dichter, der kürzlich 100-jährigen Geburtstag gefeiert hätte und Norbert Schultze, den Komponisten, der im Ausland lebt und mit über 80 Jahren ein wenig reisemüde, von dort aus der Veranstaltung, dem Schiff und seinen Gästen die herzlichsten Grüße und gutes Gelingen vermittelt.

Bevor ich das Kommando an den Kapitän, Herrn Immo Freiherr von Schnurbein, übergeben werde, möchte ich meine Tochter Gisa bitten, das Schiff auf den Namen Lilimarleen zu taufen!

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Hotel Lili Marleen® | Torstraße 34  | 23570 Lübeck | Travemünde | phone 0 4502 888 263 1 |  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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